Ein schläfriger Morgen. Die Sonne quält sich über den Himmel. Die Parteipräsidenten sitzen in der Caféteria des Gemeindehauses. Sie blättern in den Sonntagszeitungen. Es ist Wahlsonntag. Wer wird in der nächsten Legislatur die Geschicke der Gemeinde oder des Kantons mitbestimmen, wer in den Kommissionen? Welche Partei schwingt obenaus, gehört zu den Wahlsiegern, wer zu den Verlierern?
Je nach Kanton und Gemeinde nicht leicht zu beantworten. Die eingegangenen Stimmen zu zählen ist dabei der eine Teil der Aufgabe. Der andere besteht darin, dem Wahlsystem des Kantons gerecht zu werden und die Stimmen korrekt auszuwerten, sie auf die Listen, Listenverbindungen und damit auf die Parteien zu verteilen – bis das amtliche Endergebnis publiziert werden kann.
Das geschieht hinter den Kulissen
Die erste Phase erfolgt nach der Schliessung der Stimmlokale. In den grössten Gemeinden des Kantons St. Gallen läuft die Zählung der Stimmen bereits seit Samstagnachmittag.
Was gezählt wird, ist gesetzlich geregelt. Im Fall einer Volksabstimmung sind es unter anderem die Zahl der stimmberechtigten Personen, die Zahl der brieflich und persönlich Stimmenden, die Anzahl eingegangener, die Anzahl gültiger und die Anzahl ungültiger Stimmzettel sowie die Anzahl an Ja- und Nein-Stimmen.
Jede Gemeinde erfasst im Ergebnisermittlungssystem ihre Werte. Diese werden im System auf ihre mathematische Korrektheit hin überprüft. Anschliessend übermitteln die Gemeinden ihre Ergebnisse an den Kanton. Dieser überprüft mit einer anderen Software die Plausibilität der Daten. Wenn das Resultat sich nicht erklären lässt, wenn es etwa vom Durchschnitt abweicht, wird die Gemeinde kontaktiert. Anschliessend veröffentlicht der Kanton die erfolgreich plausibilisierten Ergebnisse auf seiner Website.
Die Elemente des Systems
Man kann sich das Ergebnisermittlungssystem durchaus als Leitzentrale des Abstimmungssonntags vorstellen. Nebst Eingabemasken und mathematischen Validierungen bietet es eine Gesamtsicht. Ausserdem werden hier die offiziellen Protokolle gedruckt, die von den einzelnen Stimmbüros unterzeichnet werden müssen.
Das Zusammentragen der Ergebnisse auf Kantonsebene ist eine zentrale Funktion des Ergebnisermittlungssystems. Bei Abstimmungen werden etwa die Ja- und Nein-Stimmen automatisch summiert, und die Stimmbeteiligung wird berechnet. Bei Majorzwahlen errechnet das System auf der Basis der Eingaben der Gemeinden die Gesamtstimmenzahl pro Kandidatin und Kandidat, und das quasi in Echtzeit.
Die komplexeste Funktionalität betrifft die Proporzwahlen. Die Sitzverteilung folgt einem standardisierten und gesetzlich festgelegten Verfahren. Dieses ermöglicht es, in mehreren Schritten die Sitzverteilung in jedem Wahlkreis zu berechnen. Es ist komplex und deshalb fehleranfällig, wenn es von Hand durchgeführt wird.
Wichtig für die Demokratie
Diese «gerechnete Demokratie» stärkt das Vertrauen in den Staat: Nur wer ein möglichst unmittelbares Ergebnis seiner Stimme sieht, fühlt sich als Teil der Demokratie, die von unten den Staat lenkt und nicht von oben bestimmt wird. Dazu braucht es Hilfsmittel wie das Ergebnisermittlungssystem. Es ist zentral für die effiziente Durchführung von Wahlen und Abstimmungen. Es trägt zur Vermeidung von Fehlern bei und unterstützt die schnelle, rechtssichere Publikation der Ergebnisse, meist noch am gleichen Tag. Das entspricht den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger, der politischen Parteien und der Medien.
Die Anforderungen an das Ergebnisermittlungssystem in Bezug auf die Sicherheit, die Qualität und den Betrieb sind sehr hoch. Zudem muss eine hohe Transparenz gewährleistet werden können – am besten mit einem offengelegten Quellcode. Dem trägt Abraxas mit dem Abraxas Bug-Bounty-Programm Rechnung. Security-Researcherinnen und -Researcher finden hier Ansatzstellen für ihre Bug-Jagd und können Sicherheitslücken exakt dokumentieren.
Über Bruno Habegger
Bruno Habegger ist Abraxas-Magazin-Autor und Senior Communication Manager. Er verfügt über eine langjährige Erfahrung im ICT- und Energie-Bereich als Journalist, Contentproduzent und Berater. Er war Präsident einer Regionalpartei und an seinem damaligen Wohnort acht Jahre Mitglied der Sicherheitskommission.