Sie sitzen mit Vertretern der öffentlichen Hand, anderer Unternehmen und der Wissenschaft an einem Tisch. 15 Abraxas-Mitarbeitende engagieren sich zurzeit im Verein eCH. Sie bringen ihr fachliches und technisches Wissen ein und wirken an neuen E-Government-Standards mit. Solche Vorgaben tragen dazu bei, dass IT-Lösungen einheitlich ausgestaltet und mit einander kompatibel sind. «Wir teilen unser Knowhow, tauschen uns aus und sind immer auf dem neusten Stand», sagt Marcel Oberer, Chief Domain Architect bei Abraxas.
Es gehe nicht darum, die eigenen Interessen durchzusetzen. Das Ziel seien vielmehr Standards, die der ganzen Community dienten. «Wir haben etwas davon, wenn alle partizipieren», betont Oberer, der seit 2008 bei eCH mitwirkt. So gelange man zu breit abgestützten Ergebnissen – und die Kunden profitierten von anschlussfähigen Lösungen.
Die Partner arbeiten auf Augenhöhe zusammen
Der 2002 gegründete Verein ist als PPP (Public-private-Partnership) organisiert. Er zählt aktuell rund 290 Mitglieder. Darunter sind mehrere Bundesämter, alle Kantone, diverse Gemeinden, Firmen, Hochschulen sowie Verbände. Grundsätzlich steht es allen Mitgliedern offen, Themen anzuregen und sich zur Mitarbeit in einer der Fachgruppen, im Expertenausschuss oder im Vorstand zu melden. «Alle Beteiligten können sich gleichberechtigt einbringen», sagt Thomas Reitze, eCH-Vize-Präsident und Geschäftsführer von T-Systems Schweiz. Die PPP funktioniere gut und habe sich bewährt. «Weil die Standards gemeinsam erarbeitet werden, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie auch angewendet werden.»
Die Zusammenarbeit mit den anderen Akteuren sei kollegial und spannend, sagt Elias Mayer, Leiter Bildung & Projekte bei Abraxas und Mitglied vom eCH-Expertenausschuss. «Wir können Entwicklungen vorausschauend mitgestalten und müssen nicht einfach Vorgaben übernehmen», sagt er.
Abraxas ist thematisch breit aufgestellt und unter anderem in den Fachgruppen «Bildung», «Meldewesen», «Politische Rechte», «Polizeiwesen» und «Steuern» vertreten. Auch im Bereich «Cloud», der gerade neu etabliert wird, bringt sich das Unternehmen ein.
Die Diskussionen sind oft intensiv
Die Fachgruppen leisten einen grossen Teil der Arbeit: Sie entwickeln neue Standards und aktualisieren bestehende Normen. Dieser Prozess benötigt zuweilen Geduld und Nerven. «Bis man einen Konsens findet, kann es dauern», sagt Elias Mayer, der seit 2006 bei eCH aktiv ist.
Hat sich eine Fachgruppe geeinigt, findet eine öffentliche Konsultation statt. Rückmeldungen werden aufgenommen oder – mit einer schriftlichen Begründung – abgelehnt. Danach wird der geplante Standard vom Expertenausschuss geprüft, verabschiedet und schliesslich durch die Geschäftsstelle öffentlich publiziert. «Wir schauen, ob formell alles stimmt», erklärt Mayer.
Für Abraxas sind Standards wichtig. «Sonst sind unsere Entwicklungen nicht anschlussfähig», sagt Marcel Oberer, Mitglied der Fachgruppe «Swiss E-Government Architecture Community» (SEAC). Die Arbeitslast des Vereins hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Gerade die Pflege bestehender Vorgaben ist gemäss Oberer nicht zu unterschätzen. Da alle Mitglieder der Gremien freiwillig mitarbeiteten, komme man nicht immer gleich rasch voran. «Das ist bei einer Milizorganisation mit einer solchen Breite nichts Ungewöhnliches.» Operative Normen setzten sich tendenziell am besten durch, so Oberer weiter. Etwas weniger Beachtung finden seinen Ausführungen nach die Konzepte und Handlungsanleitungen, die eCH erarbeitet. «Davon könnte die Community noch stärker profitieren.»
Über eCH & Abraxas
Der Verein eCH hat in den letzten 20 Jahren mehr als 250 Standards erlassen und umfasst aktuell rund 20 Fachgruppen. Abraxas engagiert sich in folgenden Gruppen: «Bildung», «Cloud» «Geschäftsprozesse», «IAM», «Meldewesen», «Objektwesen», «Politische Rechte», «Polizeiwesen», «Recordsmanagement/GEVER», «Swiss E-Government Architecture Community» (SEAC) und «Steuern».
Behörden fordern eCH-Vereinheitlichungen vermehrt ein
Der Verein kann zwar Standards definieren und kostenlos zugänglich machen, er kann aber nicht vorschreiben, dass sie eingehalten werden müssen. «Mehr Verbindlichkeit wäre wünschenswert», sagt Elias Mayer. Er hofft, dass die Arbeit von eCH dank der Digitalen Verwaltung Schweiz (DVS) noch mehr Gewicht erhält. Die politische Plattform, die seit Anfang 2022 tätig ist, soll die Zusammenarbeit in Sachen E-Government schweizweit stärken und die digitale Transformation beschleunigen. Sie hat die Aufgaben sowie das Personal von E-Government Schweiz und der Schweizerischen Informatikkonferenz (SIK) übernommen. Der DVS-Beauftragte von Bund und Kantonen, Peppino Giarritta, amtet gleichzeitig als Präsident von eCH.
Behörden machen zunehmend von der Möglichkeit Gebrauch, eCH-Vereinheitlichungen bei Ausschreibungen einzufordern. Auch Verordnungen können sich darauf beziehen. «Das ist ein guter Weg, um die eCH-Standards durchzusetzen», findet Mayer.
Der Abraxas-Mitarbeiter wendet für den Verein monatlich ein bis eineinhalb Tage auf. Der Expertenausschuss hat pro Jahr vier Sitzungen und tauscht sich daneben vermehrt online aus. Er ist je nach Anträgen mal mehr, mal weniger stark gefordert. «Die Arbeit fällt nicht linear an», bestätigt Marcel Oberer. Das Engagement sei je nach Fachgruppe unterschiedlich intensiv. «Der Aufwand hängt davon ab, wie gross der Bedarf an Standards und deren Pflege in einem Bereich ist.»
Das Potenzial für Vereinheitlichungen zu erkennen und anzugehen, ist laut Mayer eine Herausforderung. Entsprechende Themen frühzeitig zu identifizieren, sei entscheidend. «Da will sich Abraxas in Zukunft noch aktiver einbringen.»
Über Eveline Rutz
Eveline Rutz ist freie Journalistin. Sie schreibt vor allem über politische, wissenschaftliche und gesellschaftliche Themen.