Wo und wie sind Sie beruflich und privat «digital» unterwegs?
Martin Gächter: Privat nutze ich viele der heute gängigen Angebote wie WhatsApp oder Dienstleistungs-Applikationen wie 20Minuten und SBB Online. Beruflich bin ich sozusagen immer digital unterwegs. Mein «Büro» ist meine Mappe, bestehend aus Laptop und Smartphone. Ich bin oft draussen und somit habe ich immer alles griffbereit. Der Vorteil bei der Kantonspolizei St.Gallen ist, dass wir sehr fortschrittlich unterwegs sind und auf verschiedene Applikationen und mobile Lösungen setzen.
Welchen Nutzen sehen Sie in der Digitalisierung?
Martin Gächter: Der Nutzen kann sehr gross sein, wenn einfache Prozesse und Verwaltungsabläufe vereinfacht und optimiert, repetitive Aufgaben und Leerläufe verringert werden. Informationen sind schnell erhältlich. Digitalisierung ist nicht nur ein reines IT-Projekt, man muss den Menschen, den Mitarbeitenden mit auf den Weg nehmen. Das bedingt einen Kulturwandel. Ohne diese Achtsamkeit wird meines Erachtens kein Digitalisierungsprojekt vollständig gelingen. Bei der Kantonspolizei ist jeder Polizist, jede Polizistin bei uns digital unterwegs. Wir legen Wert darauf, dass die Erledigungsquote an der Front sehr hoch ist. Aber wir achten bewusst darauf, bei jedem neuen Projekt den Change Prozess einzubeziehen. Das ist natürlich bei unserer dezentralen Organisation mit rund 1000 Polizistinnen und Polizisten im ganzen Kanton nicht so einfach. Der persönliche Kontakt, das «Vor Ort»-Sein, Bedenken abholen und Zuhören sind zwingend.
Wie begegnen Sie Herausforderungen und Gefahren im digitalen Raum?
Martin Gächter: Digitalisierung kann schnell einen «Hamsterrad-Effekt» hervorrufen. Alles muss immer schneller und noch schneller gehen. Gerade bei der Polizei möchten viele immer ihr Bestes geben und stets erreichbar sein, auch wenn sie beispielsweise kein Pikettdienst haben. Das kann aber schnell zur Überforderung führen. Deshalb braucht es eine gewisse Selbstdisziplin und man muss Auszeiten aktiv nutzen. Im Berufsalltag sind darf zudem das Persönliche mit der Bevölkerung nicht vergessen gehen: in ein Dorfcafé gehen, ansprechbar sein, mit den Leuten am Stammtisch reden, offen für Gespräche sein.
Welche Trends in Sachen Sicherheit beobachten Sie online und offline?
Martin Gächter: Offline strebt der Mensch, insbesondere Herr und Frau Schweizer, zwar immer nach noch mehr Versicherungsschutz. Für alles soll es eine Absicherung geben. Online ist dieses Sicherheitsbewusstsein viel weniger präsent. User erwarten ein Internet, das omnipräsent ist und Systeme, die immer stärker miteinander vernetzt sind. Heute ist ein Video oder Selfie schnell gemacht und online gestellt, das ist praktisch. Doch das Bewusstsein der Datensammlung ist teilweise noch zu gering. Auch die Anbieter fordern nach immer mehr Daten, ohne dem Einverständnis zu «Cookies» sind Dienste gar nicht mehr nutzbar. Dies wiederum dienst uns bei polizeilichen Ermittlungsverfahren. Ohne Soziale Medien können wir praktisch keine Verbrechen mehr bekämpfen. Bei uns steht aber dann natürlich noch der Staatsanwalt dazwischen, der zuerst die Bewilligung zur Datensammlung geben muss.
Was sind Ihre Wünsche an die Digitalisierung der Gesellschaft?
Martin Gächter: Ich wünsche mir einen bewussten Umgang mit der Digitalisierung und sich fragen, wo die Digitalisierung einen echten Nutzen und Mehrwert bringt. Gerade im sozialen Bereich muss man aufpassen, dass solche Entscheide nicht einfach «der Digitalisierung Willen» getroffen werden. Der Mensch und das Zwischenmenschliche dürfen nicht vergessen oder verloren gehen.