E-Government-Briefing Dezember 2025

Der Kanton St. Gallen lanciert im Dezember die nächste Phase im E-Collecting-Pilotprojekt; die Diskussion um die digitale Souveränität der Schweiz nimmt weiter Fahrt auf; das Bundesamt für Cybersicherheit erhält definitiv mehr finanzielle Mittel. Die wichtigsten Entwicklungen im Überblick.

Von Samuel Näf · 18. Dezember 2025

Der monatliche Rückblick mit den wichtigsten Entwicklungen bei der Digitalisierung von Schweizer Gemeinden, Städten, Kantonen und dem Bund.

Digitale Verwaltung in der Schweiz

Strategie Digitale Schweiz: digitale Souveränität im Fokus
Im Rahmen der aktualisierten Strategie «Digitale Schweiz» strebt der Bundesrat im kommenden Jahr prioritär die Stärkung der digitalen Souveränität an. Er betont, dass er sich schwerpunktmässig darum bemühen werde, die digitale Souveränität der Bundesverwaltung und ihre Resilienz für den Krisenfall gezielt zu erhöhen. Darüber hinaus definiert der Bundesrat in der Mitteilung ein weiteres Fokusthema: die Stärkung des digitalen Gaststaats. Die Schweiz solle insbesondere das internationale Genf in den Bereichen Cyberresilienz, sichere Datenzentren und Cloud-Infrastruktur stärken. Zur News

Leitlinien für die digitale Souveränität in der Bundesverwaltung
Der Bund hat neue Leitlinien zur digitalen Souveränität für die gesamte zentrale Bundesverwaltung erlassen. Sie sollen helfen, Abhängigkeiten von Technologien und Anbietern zu erkennen und zu reduzieren und die Kontroll- und Handlungsfähigkeit im digitalen Raum zu stärken. Die Leitlinien enthalten sechs strategische Prinzipien (z. B. Unabhängigkeit, Datenschutz, Resilienz) und sollen künftig systematisch in allen relevanten Digitalprojekten angewendet werden.

Berner Staatsanwaltschaft steigt aus Projekt Nevo/Rialto aus
Der Kanton Bern hat eine Neubewertung der Softwarelösung Nevo/Rialto für die Kantonspolizei und Staatsanwaltschaft vorgenommen. Die Staatsanwaltschaft hat nun entschieden, den Systemteil der Fachapplikation Rialto nicht zu realisieren. Für den Teil, der nicht mehr realisiert wird, könnte es von Swisscom und Deloitte eine Rückerstattung in Millionenhöhe geben.

AGOV im Public Bug Bounty
Parallel zur St. Galler E-Collecting-Plattform geht auch AGOV, der Authentifizierungsdienst der Schweizer Behörden, in ein öffentliches Bug-Bounty-Programm. Seit rund 18 Monaten führt AGOV ein privates Bug-Bounty-Programm durch, in dessen Rahmen ethische Hackerinnen und Hacker gezielt nach Schwachstellen suchen. Seit dem 8. Dezember 2025 können sich sämtliche Interessierten auf einer vom Bundesamt für Cybersicherheit (BACS) eingesetzten Bug-Bounty-Plattform registrieren und AGOV auf Schwachstellen testen.

Verlängerung der Bundes-Public-Cloud-Verträge rechtskräftig
Wie die Bundeskanzlei mitteilt, wurde eine gegen die Verlängerung der Verträge mit AWS, IBM, Microsoft, Oracle und Alibaba eingereichte Beschwerde zurückgezogen. Damit wird die Vertragsverlängerung bis 2032 rechtskräftig.

Stadt Baden führt Abraxas ABACUS als neues ERP-System ein
Die neue ERP-Lösung soll zentrale Prozesse im Finanz- und Personalmanagement abdecken. Abraxas ABACUS löst das bestehende ERP-System «NSP» vollständig ab.

Neue Deklarationssoftware im Kanton Aargau
2026 kommt im Kanton Aargau erstmals die neue, webbasierte Anwendung «eTax Aargau» zum Einsatz. Die Deklarationslösung ist ins Smart Service Portal integriert und nutzt AGOV zur Authentifizierung.

Innovation

Kanton St. Gallen lanciert Public-Phase im Bug-Bounty-Programm für die E-Collecting-Plattform
Der Kanton St. Gallen und Abraxas hat die nächste Phase des Bug-Bounty-Programms für die E-Collecting-Plattform aus der «Abraxas VOTING»-Suite lanciert: Der Zugang zu Quellcode und Testsystem wird öffentlich. Über den Start der Public-Phase hat der Kanton St. Gallen zusammen mit Abraxas an einer Medienkonferenz informiert. Mehr dazu in unserer News

Derweil hat sich auch der Zürcher Kantonsrat für einen Pilotversuch zur elektronischen Unterschriftensammlung ausgesprochen. Ein entsprechendes Kommissionspostulat hat der Kantonsrat mit 126 zu 48 Stimmen angenommen.

Bundesrat beschliesst KI-Umsetzungsplan
Der Bundesrat hat einen Umsetzungsplan für die KI-Strategie der Bundesverwaltung verabschiedet und ein Konzept zur besseren Koordination der KI-Aktivitäten im öffentlichen Sektor beschlossen. Ziel ist es, KI in der Verwaltung vertrauenswürdig und effizient einzusetzen. Dazu gehören u. a.:

  • ein zentrales generatives KI-System für Bundesmitarbeitende,
  • ein interner KI-Marktplatz für Tools, Daten und Use-Cases zur Vermeidung von Doppelentwicklungen,
  • sowie Handbücher und rechtliche Orientierungshilfen für den KI-Einsatz.

Die Koordination wird gestärkt, indem das Kompetenznetzwerk für Künstliche Intelligenz (CNAI) ab Februar 2026 zur Bundeskanzlei wechselt.

Kanton Thurgau weitet E-Voting aus
Der Kanton Thurgau will den elektronischen Kanal für Wahlen und Abstimmungen ausweiten. Bisher konnten nur Auslandschweizer:innen online abstimmen. Dazu hat der Kanton fünf Pilotgemeinden bestimmt, die nun die Prozesse im Wahlbüro mit drei Abstimmungskanälen austesten sollen. Im gesamten Wahl- und Abstimmungsprozess kommen verschiedene Produkte aus der «Abraxas VOTING»-Suite zum Einsatz.

50 % der Schweizer Bevölkerung nutzt KI
Gemäss der Umfrage zur Internetnutzung des Bundesamts für Statistik (BFS) nutzt demnach rund die Hälfte der Menschen in der Schweiz künstliche Intelligenz (KI). Zwei von fünf Personen erstellen mit KI Texte oder Bilder, teilte das BFS mit. Bei den 15- bis 24-Jährigen seien es gar vier von fünf Personen. Die Umfrage wurde im Frühling durchgeführt.

Beirat Digitale Schweiz fordert stärkere Open-Source-Förderung
Der Bund wird unter anderem dazu aufgefordert, eine zentrale Fachstelle zu schaffen. Der Beirat betont, dass Open Source ein zentraler Pfeiler der digitalen Souveränität ist. Um den Mehrwert und insbesondere die Wiederverwendbarkeit von Open-Source-Software besser zu nutzen, ist eine Übersicht über bestehende Lösungen entscheidend. Zu diesem Zweck hat der Bund einen zentralen Katalog für Open-Source-Software eingerichtet. Die Erweiterung dieses Bereichs ist auch zukünftig vorgesehen. Das Ziel besteht darin, eine wachsende Sammlung frei nutzbarer Software bereitzustellen und diese gemeinsam mit der Community aus Open-Source-Organisationen und Unternehmen weiterzuentwickeln. So können auch Kantone, Gemeinden und weitere Interessierte diese Lösungen kostenlos nutzen. Mehr dazu im Beitrag der Handelszeitung

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Security bei Schweizer Verwaltungen

Bundesamt für Cybersicherheit erhält mehr Geld
Ab dem kommenden Jahr stehen dem Bundesamt für Cybersicherheit (BACS) zusätzliche zehn Millionen zur Verfügung, in den Folgejahren wird das Budget sogar auf etwas mehr als 30 Millionen nahezu verdoppelt. Dies ist auf eine bemerkenswerte Zusammenarbeit unter der Bundeshauskuppel zurückzuführen: Der grüne Nationalrat Gerhard Andrey aus dem Kanton Freiburg und der Berner SVP-Ständerat Werner Salzmann haben in ihren jeweiligen politischen Kreisen für die Aufstockung geworben.

KI als Sicherheitsrisiko im Parlament
KI-Programme wie ChatGPT und Deepl tragen dazu bei, dass Politikerinnen und Politiker die Einhaltung der Datenschutzvorschriften vernachlässigen. Dadurch werden potenziell vertrauliche Daten mit öffentlich verfügbaren KI-Diensten genutzt. Dies zeigt eine Recherche von CH Media.

BACS lanciert Cybersicherheits- und Resilienzmethode
Das Bundesamt für Cybersicherheit hat eine neue Methode zum Umgang mit Cyberrisiken entwickelt. Organisationen und Unternehmen haben bis Ende Januar 2026 die Möglichkeit, die Cybersicherheits- und Resilienzmethode (CSRM) zu testen und Rückmeldungen einzureichen.

BACS warnt vor Serafe-Phishing und betrügerischen Job-Angeboten
Aktuell kursieren Fake-E-Mails von Serafe. Die Nachricht macht einen harmlosen Eindruck. Der Inhalt fordert zur Verifizierung des Wohnsitzes auf. Der Absender wird mit der Erhebungsstelle für Radio- und Fernsehabgaben, der Serafe AG, angegeben. Wer dem Link folgt, landet aber nicht bei Serafe, sondern auf einer gefälschten Seite. Das Ziel der Phishing-Kampagne besteht darin, möglichst viele Daten zu sammeln. Das BACS verwendet den Begriff der «mehrstufigen Datenerhebung». Statt sich lediglich auf den schnellen Gewinn zu konzentrieren, versuchen die Angreifer, ein umfassendes Profil ihrer Opfer zu erstellen – von der E-Mail-Adresse bis zur AHV-Nummer.

Das BACS warnt ebenfalls vor einer neuen Masche: Es wurden Fälle gemeldet, bei der Angreifer die Hoffnung auf einen neuen Job als Köder missbrauchten und versucht haben, auf Geräten von Stellensuchenden Schadsoftware zu installieren.