E-Government-Briefing

Das Wichtigste auf einen Blick: Diskussionen um E-Collecting nehmen Fahrt auf, Kooperationen in Zürich und der Ostschweiz, Quishing in der Schweiz nimmt zu, KI entziffert alte Handschriften, Digital Economy Awards verliehen. Diese und weitere News fielen unseren Expert:innen auf.

Von Gregor Patorski · 27. November 2024

Der monatliche Rückblick mit den wichtigsten Entwicklungen bei der Digitalisierung von Schweizer Gemeinden, Städten, Kantonen und dem Bund.

Digitale Verwaltung in der Schweiz

Obwalden verabschiedet Digitalstrategie
Kernstück der neuen Strategie ist die OW-Plattform, ein zentrales Portal von Kanton und Gemeinden für ihre Einwohner:innen. Bisher war die Digitalisierung in Obwalden beim Finanzdepartement angesiedelt, neu soll eine Fachstelle die Aufgaben und Verantwortung übernehmen. Im Kantonsrat sorgte das Geschäft für Diskussionen, vor allem aufgrund der Kosten.

Zürcher Emotions-Toolbox in der Kritik
Der Zürcher Regierungsrat verteidigt die «Emotions-Toolbox». Diese war aufgrund klischeehafter, klassischer Stereotypen in den Hagel der Kritik gekommen. Eigentlich sollte sie mehr Frauen für IT-Berufe gewinnen. Die «Toolbox» basiere auf Marketing-Erkenntnissen, wobei die Sprache vereinfacht und IT-Berufe anschaulicher dargestellt werden sollen, um diese attraktiver und vielseitiger wirken zu lassen.

E-Collecting: Runder Tisch; Diskussionen in Luzern; Bundesrat sieht Potenzial
Nach den mutmasslichen Betrugsfällen bei Unterschriftensammlungen hat die Bundeskanzlei zum runden Tisch eingeladen. Rund 30 Verbände und Organisationen sind der Einladung gefolgt, um einen freiwilligen Verhaltenskodex zu erarbeiten. Die meisten Teilnehmenden sind sich einig: Das reiche noch nicht, es brauche eine politische Lösung – z. B. E-Collecting auf Basis der neuen E-ID.

Auch im Kanton Luzern nimmt die Diskussion um E-Collecting Fahrt auf. Eine Gruppe von Kantonsrät:innen will vom Regierungsrat wissen, wie er den Mehrwert von E-Collecting einschätzt – unter anderem bezüglich Fälschungssicherheit, Wahrung der Privatsphäre, erhöhter demokratischer Beteiligung und Effizienzgewinn.

Auch der Bundesrat spricht von «Modernisierungspotenzial» beim heutigen System der «papierbasierten» Sammlung: Er spricht sich grundsätzlich dafür aus, dass Unterschriften für Volksbegehren künftig elektronisch gesammelt werden dürfen. Trotzdem möchte der Bundesrat nichts überstürzen. Besonders ins Auge sticht die Pionierrolle des Kantons St. Gallen, der zusammen mit Abraxas ein System fürs E-Collecting entwickelt.

Stadt Biel erneuert IT-Arbeitsplätze
Die zwischen 2017 und 2021 angeschafften Clients haben das Ende ihres Lebenszyklus erreicht und sollen für rund 4.6 Millionen Franken ersetzt werden. Neu kommen Windows 11 und Microsoft 365 zum Einsatz.

Zürcher Gemeinden suchen nach neuen Wegen
Gemeinden mit 10'000 bis 40'000 Einwohner:innen haben aus fachlicher Sicht die optimale Grösse für die Finanzverwaltung. Ein Steueramt sollte sogar etwa 150'000 Steuerpflichtige betreuen, um effizient zu arbeiten. Am jährlichen Zürcher Gemeindeforum wurde über Möglichkeiten zur Zusammenarbeit diskutiert, darunter die Bildung von Kompetenzzentren und Verwaltungsfusionen, bei denen die Gemeinden auf politischer Ebene unabhängig bleiben.

Schweiz auf Platz 2
Die Schweiz hat im World Digital Competitiveness Ranking der Lausanner Business-School IMD eine deutliche Verbesserung erzielt und landet neu auf dem zweiten Platz hinter Singapur. Das Ranking stützt sich dabei auf Fakten, andererseits wird auch eine Umfrage bei mehr als 6'000 Führungskräften durchgeführt. Die NZZ äussert jedoch Kritik am Ranking: Die Spitzenplätze erzielt die Schweiz in den Umfragekategorien. Das Ranking messe vor allem das (ungenutzte) Potenzial der Schweiz. 

Kanton Bern investiert in ICT-Grundversorgung
Die Ausgaben von 120 Millionen CHF würden hauptsächlich die vom Amt für Informatik und Organisation (Kaio) erbrachten Leistungen der ICT-Grundversorgung betreffen. Die Finanzkommission empfiehlt den Kredit zur Annahme.

Ostschweiz arbeitet enger zusammen
St. Gallen, Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden und Thurgau wollen enger zusammenarbeiten. Dafür wurde nun ein leitender Ausschuss auf politischer Ebene geschaffen. Zudem hat man sich auf acht Kooperationsthemen und -projekte geeinigt, deren Umsetzungsmöglichkeiten geprüft werden. Dazu gehören: Projekte und Vorhaben der Strassenverkehrs- und Schifffahrtsämter; Zusammenarbeit bei technischen Auskünften oder digitalem Datenaustausch; IT-Projekte wie z. B. die Nutzung von Synergien bei IT-Konzepten, Beschaffungen und bei der Rechtssetzung; KI-Potenzialanalyse u. a. m.

«Allianz Digitale Inklusion Schweiz» lanciert
ADIS will allen Menschen in der Schweiz den Zugang zu digitalen Dienstleistungen erleichtern. Die Allianz vernetzt relevante Akteure und entstammt einer Initiative von Bund, Digitale Verwaltung Schweiz und diversen Verbänden.

Digitalverbände wehren sich gegen Sparmassnahmen des Bundes
Der Bund erwägt zurzeit auch im Bereich digitale Behördenleistungen einzusparen. In einem offenen Brief an den Ständerat und Bundesrätin Karin Keller-Sutter wehren sich Opendata.ch, CH++, Algorithmwatch Schweiz, Digitale Gesellschaft und Wikimedia Schweiz gegen diese Pläne. Der Mehrwert für die Zivilgesellschaft rechtfertige die Sparübung nicht.

Innovation

Solothurn digitalisiert Baugesuchswesen
Im Kanton Solothurn sollen Baugesuche und Baubewilligungen bald nur noch rein digital laufen. Der Datenschutz der eBau-Plattform soll besser sein als in früheren Versionen. In anderen Kantonen führte die einfache Einsehbarkeit von persönlichen Informationen von Bauherr:innen für Kritik.

Solothurn führt papierlosen Ratsbetrieb ein
Das Solothurner Kantonsparlament spart damit 1.5 Millionen Blätter Papier.

Digital Economy Awards verliehen
Beim Digital Economy Award konnten sich 8 von 27 Finalistinnen und Finalisten über eine Auszeichnung freuen. Zu den diesjährigen Preisträgern gehören die UBS, die Suva, Schweiz Tourismus und Robonnement. Die Auszeichnung «The Pascal» gewann Init7-CEO Fredy Künzler für sein jahrelanges Engagement in der Branche. In der Kategorie «Next Global Hot Thing – in AI» wurde Cradle ausgezeichnet. Das Unternehmen bietet eine Plattform, auf der Biologinnen und Biologen mithilfe generativer KI Proteine schneller entwerfen und optimieren können. Abraxas-CEO Reto Gutmann und Geri Moll, Leiter Market Solutions, sind Teil der Jury.

KI für Krakeleien
Das Zürcher Staatsarchiv setzt beim Entziffern alter Handschriften auf KI: Das Archiv enthält Zehntausende auch mittelalterliche politische Dokumente, die es zu entziffern gilt. Auf das KI-Projekt wurde man auch in der EU aufmerksam. Fünf Studierende helfen bei der Bearbeitung.

VBS will sicherheitsgeprüfte KI
Mit der Cyber-Startup-Challenge sucht Armasuisse jährlich neue Technologien. Dieses Jahr hat sich das Startup Patronus AI mit seiner Plattform zur automatisierten Bewertung und Sicherung von Large Language Models (LLMs) durchgesetzt.

Elektronisches Patientendossier: Dänische Impulse
Die Schweizerische Post setzt bei der Weiterentwicklung des elektronischen Patientendossiers auf den Spezialisten Trifork. Bereits 2025 woll man die 77'000 bestehenden Dossiers auf die neue Plattform übertragen.

#AbraxasIntelligence: Das exklusive Themendossier zum KI-Einsatz in Verwaltungen und die entsprechenden Chancen

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Security bei Schweizer Verwaltungen

Immer mehr Quishing in der Schweiz
Das Bundesamt für Cybersecurity (BACS) warnt: Betrüger überkleben auf Schweizer Parkplätzen echte mit manipulierten QR-Codes – kurz: Quishing. Die erbeuteten Kreditkartendaten nutzen sie für Geschenkkartenkäufe – durch die Opfer bezahlt, an die Betrüger geliefert. Ein weiteres aktuelles Beispiel sind gefälschte Briefe im Namen von Meteoschweiz. Diese fordern Empfänger:innen auf, per QR-Code eine «Unwetter-Warn-App» herunterzuladen, die aussieht wie die offizielle Alertswiss-App. Stattdessen steckt hinter dem QR-Code Schadsoftware. Das BACS warnt ebenfalls vor Audio Deep Fakes mithilfe von KI, die vor allem bei sogenannten Schockanrufen eingesetzt werden und per Telefon schwierig zu erkennen sind.

Alle acht Minuten wird ein Cyberverbrechen gemeldet
Das per Anfang 2024 gestartete Bundesamt für Cybersicherheit zieht eine Zwischenbilanz. Im ersten Halbjahr 2024 wurden fast 35'000 Cybervorfälle gemeldet, fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Diese betreffen vor allem Betrugsversuche per Telefon – darunter oft falsche Behördenanrufe – und Phishing.

Phishing im Namen der AHV
Das BACS warnt vor einer neuen Phishing-Welle im Namen der AHV. In der E-Mail wird eine angebliche Rückerstattung der AHV genutzt, um persönliche Daten abzugreifen.

Cyberstudie 2024 zu KMUs, Bevölkerung und IT-Dienstleistern in der Schweiz
In den letzten drei Jahren wurden vier Prozent der befragten KMUs Opfer eines Cyberangriffs. Hochgerechnet auf die Schweiz entspricht das rund 24'000 Unternehmen. Bei 73 % der Betroffenen entstand ein hoher finanzieller Schaden. Dennoch schätzt mehr als die Hälfte der befragten KMUs das Risiko eines gravierenden Angriffs als gering ein. Die Studie attestiert daher den Unternehmen ein falsches Sicherheitsgefühl mit potenziell schwerwiegenden Folgen.

Luzern investiert in Cybersecurity
Der Kanton Luzern will ein Spezialistenteam aufbauen und mit einem externen Dienstleister ein Security Operations Center betreiben. Der Sonderkredit von 10 Millionen Franken wurde von der GPK beraten und zur Annahme empfohlen.

Ruag entwickelt sicheres Armee-Handy
Das Rüstungsunternehmen Ruag hat in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Securityunternehmen Wisekey ein Handy für Einsatz in sensiblen Bereichen in der Schweiz entwickelt. Das Gerät basiert auf einem serienmässig produzierten Samsung-Smartphone mit Android-Betriebssystem.

Vertiefte Security-News mit Schwachstellen, Angriffen und Hintergründen in unserem exklusiven Security-Briefing für die öffentliche Hand: Security-Briefing November 2024