E-Government-Briefing Juli 2025

Fragen zur Sicherheit von kritischen Infrastrukturen, M365, E-Voting, E-Collecting, souveräne digitale Schweiz, einheitliche Datenstrategie, völlig offene KI von ETH und EPFL, Vüpf…: Diese und weitere News fielen unseren Expert:innen auf.

Von Marcel Gamma · 30. Juli 2025

Der monatliche Rückblick mit den wichtigsten Entwicklungen bei der Digitalisierung von Schweizer Gemeinden, Städten, Kantonen und dem Bund.

Digitale Verwaltung in der Schweiz

Waadt will IT-Projekte besser kontrollieren
Nach Verzögerungen und Mehrkosten hat der Staatsrat des Kantons Waadt einen Aktionsplan verabschiedet, um digitale Projekte besser zu kontrollieren, wie aus Informationen von RTS hervorgeht. Diese erinnert daran, dass der Kanton Waadt in den letzten zehn Jahren rund 300 Millionen Franken in die Modernisierung seiner IT-Infrastruktur investiert hat.

Erweiterungen für Abraxas ABACUS zugestimmt
Die Gemeinde Greifensee ZH führt Funktionserweiterungen für ihr ERP-System Abraxas ABACUS ein: Diese ermöglichen eine verbesserte Visualisierung und Analyse von Finanzdaten. Der Gemeinderat habe daher der Einführung zugestimmt.

BE-Login funktioniert wieder
Aufgrund technischer Probleme mit dem BE-Login musste der Kanton Bern die Einreichefrist für Steuererklärungen verlängern. Nach rund zwei Wochen konnten die Probleme gelöst werden.

Goldach, Rorschach und Rorschacherberg bündeln IT-Kräfte
Drei Gemeinden im Kanton St. Gallen bauen eine gemeinsame IT-Infrastruktur auf – Abraxas wird weiterhin die Fachanwendungen betreuen.

Zürich verschiebt Digitalisierung der Gemeinden
Die vollständige Digitalisierung der Verwaltungsverfahren in den Zürcher Gemeinden wird auf Anfang 2027 verschoben – ein Jahr später als geplant. Ursprünglich sollten alle internen und externen Abläufe bis zum 1. Januar 2026 elektronisch erfolgen. Aufgrund fehlender organisatorischer, technischer und prozessualer Voraussetzungen wurde der Termin nun angepasst. 

Zürich lanciert Online-Deklaration für juristische Personen
Ab Mitte August führt der Kanton Zürich mit «ZH Corporate Tax» eine Plattform ein, über die Unternehmen alle ihre Steuerunterlagen papierlos einreichen können. Natürliche Personen können dies schon länger.

Online-Polizeiposten stösst auf Zustimmung
Nach einer einjährigen Testphase führt die Kantonspolizei Zürich den Online-Polizeiposten definitiv ein. Die Nachfrage sei hoch und die Resonanz aus der Bevölkerung positiv.

Schwyz prüft M365 genau
Eigentlich möchte der Kanton Schwyz M365 in der öffentlichen Verwaltung einführen, hat aber noch nicht definitiv darüber entschieden. Der Kanton nehme sich vorerst Zeit, alles genau zu prüfen: «Wir arbeiten intensiv an der besten Lösung für den Kanton und lassen die neusten Erkenntnisse anderer Kantone und der öffentlichen Diskussion in unsere Arbeit einfliessen.»

Bern erhält Standard-Arbeitsplatz mit M365 mit Plan B
Im Rahmen des Programms Work@Be wurde der neue Standardarbeitsplatz für die Verwaltung des Kantons Bern ausgerollt. Dabei wurde die bestehende Office-Software mit Microsoft 365 abgelöst. Teil des Programms ist auch eine Exit-Strategie, falls der Kanton M365 nicht mehr nutzen will oder kann. 

Innovation

Neues Netzwerk diskutiert digitale Souveränität
Unter dem Namen «Netzwerk SDS – Souveräne Digitale Schweiz» gründet sich eine neue Organisation, die den fachlichen Austausch zur technologischen Unabhängigkeit stärken soll. Federführend ist beim Bündnis aus Behörden, Hochschulen und Unternehmen das Institut Public Sector Transformation der Berner Fachhochschule. Weitere Träger sind das EJPD, die Informatikorganisation der Stadt Zürich, die Schweizerische Post sowie Firmen wie Abraxas. Laut einer Mitteilung zielt das Netzwerk darauf ab, Kompetenzen zu bündeln – von der Verringerung der Abhängigkeit von einzelnen Herstellern über den gezielten Einsatz und die Weiterentwicklung von Open-Source-Technologien bis hin zum souveränen Betrieb von IT-Infrastrukturen.

Luzern: Fragen zur Cloud-Strategie
Datenschutzbedenken rund um Microsoft 365 führen zu politischen Vorstössen in Luzern. Die Regierung wird ihre Cloud-Strategie entsprechend erläutern.

St. Gallen will kantonsweite Datenstrategie
Im Kanton St. Gallen sollen Einwohner:innen künftig einfacher und digital mit Behörden kommunizieren können – unabhängig von Gemeinde oder Kanton. Zu diesem Zweck erarbeiten beide Ebenen eine gemeinsame Datenstrategie, die einen sicheren und vernetzten Umgang mit kantonalen, kommunalen und Bundesdaten ermöglicht. Zudem soll sie den Datenschutz und die Datensicherheit vereinheitlichen und stärken.

Login ohne Passwort für SwissPass
SBB und öV-Branche setzen vermehrt auf passwortlose Login-Verfahren für das SwissPass-Konto – zur Erhöhung der Sicherheit und Nutzerfreundlichkeit.

E-Voting wird im Thurgau ausgeweitet
Die sechs Thurgauer Gemeinden Amriswil, Bichelsee-Balterswil, Bischofszell, Hauptwil-Gottshaus, Kradolf-Schönenberg und Wäldi ermöglichen ab 2026 die elektronische Stimmabgabe. Die Unterlagen dazu werden von Abraxas aufbereitet.

E-Collecting: Partizipativer Prozess geplant
Der Bundesrat hat die Bundeskanzlei beauftragt, Grundlagen für Pilotversuche zum E-Collecting zu erarbeiten – inklusive Umsetzungskonzept und Rechtsgrundlagen. Laut Bundeskanzlei soll dies in einem partizipativen Prozess geschehen, an dem Kantone, Gemeinden sowie Akteure aus Politik, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Fachkreisen mitwirken können.

«Wegen Vüpf-Revision»: Proton investiert nicht mehr in der Schweiz
Laut Tages-Anzeiger reduziert die global tätige Schweizer Technologiefirma Proton ihre Präsenz in der Schweiz und investiert künftig nicht mehr hierzulande. Das Rechenzentrum in Genf wurde bereits geschlossen. Stattdessen baut das Unternehmen für 100 Millionen Euro neue Standorte in Deutschland und Norwegen und plant Investitionen von einer Milliarde Franken in Europa. Grund für den Rückzug sei die geplante Vüpf-Revision (Verordnung über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs), die auch Proton zur Vorratsdatenspeicherung verpflichten würde.

Völlig offene KI von ETH und EPFL
Noch 2025 bringen ETH Zürich und EPFL ein grosses, offenes Sprachmodell (LLM) heraus, das über 1000 Sprachen unterstützt. Nach den letzten Tests wird die KI unter Open-Source-Lizenz (Apache-2.0-Lizenz) frei verfügbar sein. Deren Fokus liegt auf Transparenz, Mehrsprachigkeit und breiter Zugänglichkeit. Quellcode, Gewichte und Trainingsdaten werden vollständig offen und nachvollziehbar publiziert. Dies soll die Innovation und zugleich das Vertrauen in KI fördern.

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Security bei Schweizer Verwaltungen

Schweizer Daten im Darknet gelandet
Ein Cyberangriff hat die im Gesundheitswesen tätige Stiftung Radix getroffen – inklusive gestohlener Daten von Bundesbehörden. Die Hacker veröffentlichten die Informationen im Darknet.

Finanzkontrolle mahnt Betreiber von kritischen Infrastrukturen
Bund, Kantone und andere Betreiber von kritischen Infrastrukturen wie Gesundheitszentren, Kraftwerke und staatliche Webseiten müssen besser vor Cyberangriffen geschützt werden. Sie müssten laut einem neuen Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle zur Digitalisierung des Bundes mehr in die Cybersecurity investieren.

NDB: Wachsende globale Unsicherheit
Im Lagebericht «Sicherheit Schweiz 2025» beurteilt der Nachrichtendienst des Bundes die aktuelle Bedrohungslage. Der Bericht spricht von einer sich verstärkenden globalen Unsicherheit durch verschiedenste Konflikte und Krisen. «Für Betreiber kritischer Infrastrukturen in der Schweiz stellen Cyberangriffe eine bedeutende Bedrohung dar.»

Bundesamt für Cybersicherheit (BACS) warnt vor neuer Phishing-Welle
Cyberkriminelle imitieren täuschend echt ein angebliches Bundesportal, das Rückerstattungen für Betrugsopfer verspricht – mit gefälschtem Layout und Twint-Logo. Zielgruppe der Masche sind explizit Personen, die schon einmal betrogen wurden.

Bundesanwaltschaft darf Strafverfahren eröffnen
Nach der Affäre rund um die Zusammenarbeit des Cyberteams des Nachrichtendiensts des Bundes mit dem russischen Cybersicherheitsunternehmen Kaspersky hat der Bundesrat einem Gesuch der Bundesanwaltschaft stattgegeben, damit diese ein Strafverfahren eröffnen kann.

Hackerangriffe: Bilanz nach 100 Tagen Meldepflicht
Bisher hat das Bundesamt für Cybersicherheit (BACS) 80 Meldungen von Security-Vorfällen registriert, die meisten davon aus dem Finanzwesen (18 Meldungen) und von Behörden (16 Meldungen; Gemeinden: 8, Kantone: 3, Bund: 5). «Hauptsächlich gingen Meldungen zu DoS/DDoS-Angriffen ein, gefolgt von Hacking.» 

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