E-Government-Briefing

Im November 2022 fiel unseren Expert:innen auf: Public Cloud-Entscheid, Millionen für digitale Transformation, neue Hacker-Methoden.

Von Marcel Gamma und Samuel Näf · 28. November 2022, aktualisiert am 2. Dezember 2022

Der monatliche Rückblick mit den wichtigsten Entwicklungen bei der Digitalisierung von Schweizer Gemeinden, Städten, Kantonen und dem Bund.

Digitale Verwaltung in der Schweiz

Berner Kantonsregierung will flächendeckenden elektronischen Rechtsverkehr in der Verwaltung

Damit müssen Eingaben, Verfügungen und Entscheide künftig nicht mehr von Hand unterzeichnet und per Post zugestellt werden. Eine entsprechende Gesetzesänderung ist in der Vernehmlassung. Für diese steht erstmals die E-Mitwirkung zur Verfügung.

Public Cloud beim Bund

Das Bundesverwaltungsgericht erlässt keine vorsorglichen Massnahmen, wie dies eine Privatperson verlangte, die das Public-Cloud-Vorhaben stoppen will. Das Gericht erkennt keine unmittelbare Gefahr, dass die persönlichen Daten des Klägers in eine Public Cloud ausgelagert werden.  Diesen September hatte der Bund Verträge mit den 4 US-Hyperscalern Amazon, IBM, Microsoft und Oracle sowie dem chinesischen Anbieter Alibaba unterzeichnet. Trotzdem konnten die Ämter noch keine Public-Cloud-Services beziehen.

Zürcher Regierungsrat erhöht Mittel für Digitalisierung

Damit will er die organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen schaffen, um die mit der digitalen Transformation einhergehenden Anforderungen an die Verwaltung zu bewältigen. Dafür werden die jährlichen Mittel ab 2023 um 20 Millionen Franken erhöht. «Digital first» nach aussen, «digital only» nach innen, heisst die Devise.

Erwerbsersatz digital beantragen

Wer bei der Armee, beim Zivildienst und im Zivilschutz Dienst leistet, soll ab 2026 seine Taggelder für den Erwerbsersatz digital beantragen können. Der Bundesrat will dafür das Gesetz entsprechend anpassen. Das künftige IT-System soll die aktuellen Papierformulare ersetzen und Arbeitgeber sowie Ausgleichskassen entlasten.

Neues Bundesgesetz zur digitalen Verwaltung

Das Parlament möchte mit dem geplanten neuen Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben E-Government fördern. Beide Räte haben die Vorlage gutgeheissen. Der Nationalrat wollte den Kantonen sogar bestimmte Informatiksystem und Schnittstellen vorschreiben können. Die zuständige Kommission des Ständerats hat dies wieder rückgängig gemacht. Die Vorlage wird nun am 5. Dezember zur Differenzbereinigung erneut im Ständerat behandelt.

Abraxas macht Druck & Verpackung für Kanton Basel-Landschaft

Die Verwaltung des Kantons Basel-Landschaft lagert ihre Druck- und Verpackungsaufträge an Abraxas aus. Begründet wird der Entscheid unter anderem damit, dass die eigenen Produktionssysteme in die Jahre gekommen seien. Die ersten Druckaufträge sind im Oktober bereits erfolgreich durchgeführt worden. Bis Ende Jahr werden nach und nach alle Bereiche der Verwaltung umgestellt. Bei der Auftragsvergabe habe auch die grosse Erfahrung im Umgang mit sensiblen Daten für Abraxas gesprochen.

Security bei Schweizer Verwaltungen

Welches Departement bekommt das Bundesamt für Cybersicherheit?

Der Bundesratsentscheid zum neuen Bundesamt für Cybersicherheit verzögert sich. VBS-Vorsteherin Viola Amherd ist mit den Vorschlägen zur Ausgestaltung des neuen Amts nicht zufrieden, weil sie nicht den Vorstellungen des VBS entsprechen. Die NZZ spekuliert, dass Amherd möglicherweise auf Ueli Maurers Abgang wartet.

Update vom 2. Dezember 2022:
Nun ist es klar: Das NCSC wechselt vom Finanzdepartement ins Verteidigungsdepartement von Viola Amherd. Darüber hat die Bundesrätin am Nachmittag informiert. Trotz der Zugehörigkeit zum VBS soll das NCSC eine zivile Einheit der Bundesverwaltung bleiben. Auch bleibe die Trennung von militärischer und ziviler Sicherheit gewahrt. Alle Details sollen bis Ende März 2023 geklärt werden. Mehr dazu im Beitrag von Inside-IT.

Drohmails nehmen 2022 stark zu

Im ersten Halbjahr 2022 hat die Zahl von Drohmails stark zugenommen. Hauptgrund für den Anstieg waren Fake-Extortion-E-Mails, so das Nationale Zentrum für Cybersicherheit NCSC. Ein enormer Anstieg sei auch beim sogenannten Spoofing zu verzeichnen: Dabei fälschen dubiose Callcenter die angezeigte Telefonnummer. Ransomware-Vorfälle nehmen aktuell leicht ab, die Bedrohung bleibt aber akut.

Cyberangriffe auf Alain Berset und Ignazio Cassis

Die britische «Sunday Times» berichtete von Hacking-Aufträgen gegen mehr als 100 Persönlichkeiten weltweit, darunter die beiden Bundesräte. Verschiedene Schweizer Medien haben die Berichte aufgenommen. Auf Seiten der Bundesverwaltung äusserte sich bisher niemand zum Fall. Der angebliche Hintermann, ein Schweizer Privatermittler, der Auftraggeber der Angriffe sein soll, bestreitet die Vorwürfe und will gerichtlich gegen die «Sunday Times» vorgehen. Die britischen Journalisten seien auf eine Desinformationskampagne hereingefallen. Gegen weitere Personen auf der Hacking-Liste sind die Angriffe jedoch nachgewiesen. Eines der Opfer, der ehemalige UEFA-Präsident und Fussballer Michel Platini, hat mittlerweile Klage eingereicht.

Cyberangriffe nehmen massiv zu

Speziell autoritäre Staaten greifen verstärkt andere Staaten an: Laut dem «Microsoft Digital Defense Report 2022» nehmen Cyberangriffe auf Nationalstaaten und kritische Infrastrukturen zu.

Auch Swiss Re rapportiert, dass Cyberangriffe weltweit massiv zunehmen und gleichzeitig schwerwiegender und raffinierter werden. Der wirtschaftliche Schaden betrage jährlich über 900 Milliarden Dollar, so der Rückversicherer. Eine weitere beunruhigende Neuigkeit: Gehackte Unternehmen werden gleich mehrmals attackiert.

Bundeskanzlei empfiehlt Wegwerf-Mobiltelefone für WM in Katar

Besucher:innen der Fussball-WM in Katar müssen zwei umfangreiche Überwachungs-Apps auf ihren Smartphones installieren. Deshalb hat die Bundeskanzlei die beiden Apps auf den Arbeits-Smartphones ihrer Mitarbeitenden gesperrt. Ebenso empfiehlt sie Personen, die nach Katar reisen möchten, ihre Smartphones, egal ob beruflich oder privat, nicht mitzunehmen. Stattdessen sollen separate «Billig-Smartphones» verwendet werden. Denn die beiden staatlichen Apps verlangen weitreichenden Zugriff auf Daten und spionieren die Nutzer:innen aus. So soll es der Regierung sogar möglich sein, Daten von den Mobiltelefonen zu löschen.

Innovation

Kanton Zug will kein E-Collecting

Der Zuger Kantonsrat hat einen entsprechenden Vorstoss der «Alternativen – die Grünen» abgelehnt. Unterschriften sollen so auch künftig auf der Strasse gesammelt werden, so die Begründung.

Bedrohungsmanagement und Predictive Policing im Kanton Graubünden

Die Bündner Regierung will ein zentrales Bedrohungsmanagement aufbauen, um potenzielle Gewalttaten zu verhindern. Zu den Massnahmen gehören eine neue Fachstelle und Software-Lösungen für das sogenannte Predictive Policing (deutsch: Vorhersagende Polizeiarbeit), wie das Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit mitteilte. «Wenn diese Tools richtig und professionell eingesetzt werden, finde ich sie nicht problematisch», erklärte der Bündner Justizdirektor.