E-Government-Briefing November 2025

Im November standen die digitale Souveränität und die Kritik von Armeechef Thomas Süssli an Microsoft 365 im Zentrum. Gleichzeitig hat der Bundesrat mit dem elektronischen Gesundheitsdossier einen Neustart im Gesundheitsbereich eingeläutet. Die wichtigsten Entwicklungen im Überblick.

Von Gregor Patorski · 26. November 2025

Der monatliche Rückblick mit den wichtigsten Entwicklungen bei der Digitalisierung von Schweizer Gemeinden, Städten, Kantonen und dem Bund.

Digitale Verwaltung in der Schweiz

Armeechef Süssli kritisiert Microsoft 365 – Zürich prüft Open-Desk-Alternative
Armeechef Thomas Süssli hat in einem Schreiben Kritik am Einsatz von Microsoft 365 bei der Armee geäussert. Parallel dazu prüft die Stadt Zürich die Einführung der souveränen Office-Alternative «Open Desk». Die vom deutschen ZenDiS entwickelte Lösung setzt auf Open-Source-Komponenten. Auch in Luzern und St. Gallen wird die Diskussion rund um Souveränität und Datenhaltung intensiv geführt.

Digitale Souveränität: Bundesrat sieht keinen zusätzlichen Handlungsbedarf
Der Bundesrat hält zusätzliche Massnahmen zur Förderung digitaler Souveränität nicht für notwendig. Bereits laufende Arbeiten im Rahmen der Strategien Digitale Schweiz, Digitale Bundesverwaltung und Digitale Verwaltung Schweiz seien ausreichend, heisst es in der Stellungnahme. Forderungen nach wirtschaftlichen Massnahmen zugunsten einheimischer Anbieter weist die Regierung zurück.

Bund lanciert Vernehmlassung zur Plattformregulierung
Der Bundesrat will grosse Kommunikationsplattformen und Suchmaschinen stärker regulieren. Nutzerinnen und Nutzer sollen rechtswidrige Inhalte einfacher melden können. Vorgesehen sind zudem Transparenzpflichten und eine in der Schweiz ansässige Rechtsvertretung, falls der Unternehmenssitz im Ausland liegt. Die Gesetzesvorlage stösst bereits auf Kritik, da ihr Umfang und die Auswirkungen auf internationale Anbieter diskutiert werden.

E-Gesundheitsdossier löst das EPD ab
Der Bundesrat hat den Neustart beschlossen: Ab 2030 wird das elektronische Gesundheitsdossier (E-GD) das gescheiterte EPD ersetzen. Neu gilt eine Widerspruchslösung – wer kein Dossier will, muss aktiv widersprechen. Die zentrale Datenhaltung beim Bund soll die Akzeptanz erhöhen, sorgt aber auch für Datenschutzbedenken. Nach Jahren geringer Nutzung und hoher Kosten gilt das E-GD als letzte Chance für eine funktionierende digitale Gesundheitsakte.

Schaffhausen startet Justitia.swiss-Pilot
Anwältinnen, Anwälte und Behörden sollen erste Erfahrungen mit der neuen Digitalplattform Justitia.swiss sammeln. Der Pilot in Schaffhausen markiert einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu digitalisierten Justizprozessen.

Kanton Bern schafft Schweizer M365-Backup
Der Kanton Bern hat eine Lösung gefunden, sensible M365-Daten vollständig in der Schweiz zu sichern. Damit reagiert der Kanton auf Bedenken zur Cloud-Compliance und schafft mehr Transparenz über Datenflüsse, ohne grundsätzlich auf Microsoft-Dienste zu verzichten.

Digitale Transformation: Winterthur reorganisiert ERP-Projekte
Winterthur stoppt die Einführung einer neuen Abacus-Personallösung, nachdem Verzögerungen den Zeitplan unhaltbar machten. Während das übrige ERP erfolgreich erneuert wurde, wird das HR-Teilprojekt nun neu ausgeschrieben. Der Entscheid verdeutlicht die Komplexität von Verwaltungsmodernisierung und die Abhängigkeit von Migrationsprozessen.

Innovation

Warn-App Alertswiss informiert neu über Cyberbedrohungen
Die Bundesämter für Bevölkerungsschutz und Cybersicherheit publizieren erstmals Cyberwarnungen über die Alertswiss-App. Damit reagiert der Bund auf die wachsende Zahl kritischer Angriffe. Besonders die ersten Stunden seien entscheidend, betont das BACS. Die Integration in die bestehende Warninfrastruktur erhöht die Reichweite und verbessert die Krisenkommunikation.

Pilotplattform für KI in Zürcher Gemeinden
Drei Zürcher Gemeinden – Obfelden, Wädenswil und Winterthur – testen eine gemeinsame KI-Plattform zur Effizienzsteigerung in Verwaltungsprozessen. Bewährt sich der Ansatz, könnte die Lösung auf alle 160 Gemeinden des Kantons ausgerollt werden. Ziel ist es, KI-Anwendungen kontrolliert, sicher und datenschutzkonform in den Behördenalltag zu bringen.

Bundeskanzlei-Hackathon: E-Collecting im Praxistest – mit Abraxas
Beim von der Bundeskanzlei durchgeführten Hackathon zu E-Collecting testeten Verwaltung, IT-Anbietende und Forschungsteams die technische Machbarkeit digitaler Unterschriftensammlungen. Abraxas war gemeinsam mit dem Kanton St. Gallen beteiligt.

KI senkt Nachfrage nach bestimmten Berufen
Die Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich registriert erstmals deutliche Hinweise, dass KI den Bedarf an bestimmten Tätigkeiten – darunter Softwareentwicklung – reduziert. Expertinnen und Experten sehen eher eine Verschiebung der Aufgabentypen als einen generellen Stellenabbau.

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Security bei Schweizer Verwaltungen

Massiver Anstieg von Deepfake-Betrugsfällen
Laut BACS verfünffachten sich die gemeldeten Deepfake-Betrugsfälle im ersten Halbjahr 2025. Insgesamt verzeichnete die Behörde über 35'000 Delikte im Cyberraum. Besonders Werbung für Online-Anlagebetrug nimmt zu. Die Zahlen unterstreichen die zunehmende Professionalisierung krimineller Akteure und den Bedarf an Sensibilisierung in Bevölkerung und Verwaltung.

Datenabfluss bei den Polizeikorps von Luzern und Schwyz
Eine Sicherheitslücke führte zum Abfluss von Personendaten der beiden Polizeikorps. Obwohl die Schwachstelle geschlossen wurde, könnten die erbeuteten Daten nun für Phishing und Social Engineering verwendet werden. Der Vorfall zeigt die Folgen unzureichend gesicherter Schnittstellen in behördlichen IT-Systemen.

Ransomware-Gruppe Akira attackiert Schweizer Firmen
Die Cybercrime-Gruppe Akira weitet ihre Aktivitäten in der Schweiz aus. Betroffen sind auch öffentlichkeitsnahe Unternehmen. Laut Fedpol, BACS und Bundesanwaltschaft handelt es sich um koordinierte Angriffe, bei denen Lösegeldforderungen mit der Veröffentlichung vertraulicher Daten kombiniert werden. Die Behörden raten ausdrücklich von Zahlungen ab.

Bundesrat stärkt sicherheitspolitische Rolle der Swisscom
Für die Jahre 2026 bis 2029 setzt der Bundesrat neue strategische Ziele: Die Mehrheit an Swisscom bleibt insbesondere aus sicherheitspolitischen Gründen bestehen. Der Konzern soll künftig stärker zur digitalen Resilienz der Schweiz beitragen – etwa bei kritischen Netzinfrastrukturen oder sicherheitsrelevanten ICT-Diensten.