Schön, aber auch nicht verschont: Uetikon am See. Auch hier am Fusse des Pfannenstiels hat die Pandemie in den letzten zwei Jahren Spuren hinterlassen. Doch jetzt geht ein kollektives Aufatmen durch die 6'200-Seelen-Gemeinde am rechten Zürichsee-Ufer. Endlich Normalität! Ilaria Berti, Leiterin der Einwohnerdienste, lässt die vergangenen Monate Revue passieren und blickt nach vorne.
Lockdown-Schock
«Ich kann mich gut erinnern, es war ein Freitag, als der Bundesrat den Lockdown ausgesprochen hat!» Alles musste schnell gehen. Teams wurden gesplittet, mussten sich neu organisieren. Die IT machte die Verwaltung fit fürs Home-Office. «Dieser Moment hat bei mir Eindruck hinterlassen. Wenn man auf der öffentlichen Verwaltung arbeitet, ist man für die Bevölkerung da. Wenn es dann heisst, wir müssen zumachen, dann verstehst du, wie ernst die Situation ist.» Dass das öffentliche Leben nicht ganz stehengeblieben ist, ist auch Berti zu verdanken. «Wir haben den Schalter nicht ganz zugemacht.» Drei Stunden am Tag war der Schalter offen für die Bevölkerung. Drei Stunden ein Ankerpunkt, um den öffentlichen Auftrag zu erfüllen. Drei Stunden mit sehr hohem Publikumsverkehr. Alle neun Minuten ein Kunde, eine Kundin. Durchgehend am Schalter, denn: «Unsere Prozesse sind ja nicht kurz.» So gut es ging, habe man dieses Zeitfenster ausgenutzt. Wenigstens so viel wollte man der eigenen Bevölkerung geben. Man habe auch gemerkt, dass vor allem die älteren Leute froh waren, um diese Dienstleistung, sagt sie.
Die Corona-Welle bricht
Lange Zeit war Corona auch in Uetikon am See nicht greifbar, diffus. «Wir hatten relativ lang Ruhe und dann kam diese Welle», schildert Berti die Ereignisse. Im Dezember 2020 gab es innerhalb von wenigen Tagen mehr als 10 Todesfälle in der Gemeinde zu beklagen. «Auf dem Bestattungsamt – bei uns Teil der Einwohnerdienste – musst du eine gewisse Distanz halten. Aber das ging mir nahe: die Gespräche mit den Angehörigen über Tod und Abschied respektive übers Sich-nicht-richtig-Verabschieden-Können.» Da hat man die Auswirkungen von Corona direkt gesehen. Was man in dieser Zeit im Team auf den Einwohnerdiensten geleistet habe, sei nicht ohne. Insbesondere in der ersten Zeit ohne Plexiglas und Maskenpflicht. «Es gab wenig, was dich geschützt hat. Ich bin am Schalter, an der Front, ich stehe da.»
Normalität als Highlight
Neben diesen persönlichen Schicksalsschlägen aus der Gemeinde macht Berti im Gespräch die Monotonie als grösste Schwierigkeit fest: «Die letzten zwei Jahre waren sehr monoton. Du hast gearbeitet, teilweise im Home-Office, bist dann nach Hause und bist zu Hause geblieben. Das immer Gleiche war eine Belastung.» Daher verwundert es nicht, dass die Stimmung im Gemeindehaus sich mit der Rückkehr der Normalität verbessert hat. Die Verwaltungsmitarbeitenden geniessen die gemeinsame Zeit. Auch wenn die Umstellung manchmal ungewohnt ist: Wie beispielsweise der Griff nach der nicht mehr notwendigen Maske. Oder dass man im Aufenthaltsraum wieder nebeneinandersitzen kann. «Mein Highlight war die Rückkehr der Normalität. Es sind kleine, banale Sachen. Wie ein Mittagessen mit Kollegen. Man lernt wieder, das zu schätzen.» Gibt es etwas, was sie sich für die Zukunft wünscht – als Erfahrung der letzten Jahre? «Obwohl wir eine weltweite Pandemie hatten, war der Mensch häufig zu sehr auf sich fixiert. Wir sollten mehr an die Mitmenschen denken. Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung. Aber der Respekt anderen gegenüber ist das Wichtigste. Das hat teilweise gefehlt.»
Frische Ideen lassen Durchatmen
Apropos Zukunft: Berti ist überzeugt, dass die Corona-Pandemie der Gemeinde aufgezeigt hat, dass sie bereits viele gute Ansätze bei der Digitalisierung verfolge, aber auch, wo sie noch Verbesserungspotenzial besitzt. Da gibt es grössere und kleinere Projekte, um noch mehr digital durchgehende Prozesse in der Verwaltung für die Bevölkerung zu etablieren. «Angebote wie beispielsweise die Abraxas Academy sind für diejenigen, die sich mit Digitalisierung auseinandersetzen, sehr spannend», so Berti. Aber auch neben der Digitalisierung nimmt Uetikon mit dem Ende der Pandemie Fahrt auf. Sie freue sich insbesondere auf das Projekt «Chance Uetikon» und alle Folgeprojekten daraus (siehe Infobox). Und: «Endlich können kulturelle Anlässe für die Bevölkerung und auch interne Anlässe wieder im gewohnten Rahmen durchgeführt werden. Endlich ist wieder normal.»
Chance Uetikon
Uetikon am See wird noch attraktiver: Das Areal einer vormaligen Chemiefabrik direkt am Ufer des Zürichsees soll neu genutzt werden. Das Industriegelände soll Raum geben für öffentliche Einrichtungen, einen Seeuferpark, Wohnanlagen, Gewerbe, Dienstleistungen und eine Kantons- und Berufsfachschule für insgesamt 2000 Schülerinnen und Schüler. Der Kanton und die Gemeinde haben dafür 2021 ihre Gestaltungspläne koordiniert angepasst. Und Anfang 2022 wurde ein Architekturwettbewerb für das neue Schulareal durchgeführt. Die Bauarbeiten dafür sollen 2026 starten.
Mehr Infos unter: chance-uetikon.ch
Disclaimer: Das Gespräch fand in zwei Teilen statt. Im September 2021 vor Ort und ergänzend aus der Ferne im April 2022.