Die digitale Transformation verändert, wie wir leben und arbeiten. In den letzten Jahren haben kantonale Verwaltungen erheblich in die Digitalisierung von Behördendienstleistungen investiert. Mit dem digitalen Wandel hielten auch neue Methoden und Arbeitsmittel Einzug in die Verwaltung. Die digitale Verwaltung ermöglicht es der Bevölkerung und der Wirtschaft unabhängig von Zeit und Ort mit der Verwaltung zu interagieren. Diese Flexibilität wird von den Anspruchsgruppen sehr geschätzt. Weiterhin soll mit dem Einsatz neuer Technologien auch die Effizienz und Qualität der Behördendienstleistungen gesteigert werden.
KI bringt Chancen aber auch Verantwortung
Aktuell kommen unter dem Sammelbegriff künstliche Intelligenz (KI) weitere neue Technologien auf die Verwaltung zu. Künstliche Intelligenz ist keine Magie, sondern die Fähigkeit eines Computers oder eines Programms menschliche Intelligenzleistungen zu imitieren. Konkret bedeutet das, Systeme werden mit Daten trainiert, um Aufgaben auszuführen, die bisher Menschen erledigt haben. KI-gestützte Systeme bietet neue Möglichkeiten, von denen Behörden profitieren können, bringen aber auch Herausforderungen und Verantwortung mit sich.
Generative KI-Werkzeuge können beispielsweise Verwaltungsmitarbeitende dabei unterstützen, Texte in einfacher Sprache zu formulieren. Bei einfacher Sprache geht es darum, nur kurze Wörter, kurze Sätze und aktive Sprache zu verwenden. Gerade im Behördenumfeld, in dem sich Texte oft an eine breite Masse richten, ist es wichtig, dass diese leicht verständlich sind. Indem Verwaltungen in einfacher Sprache kommunizieren, leisten sie einen Beitrag zu Inklusion und Teilhabe.
KI kann in der Verwaltung jedoch nicht nur in der Form von eigenständigen Werkzeugen eingesetzt werden. Auch Systeme, wie Fachanwendungen, können mit KI-basierten Algorithmen ausgestattet sein. Beim Einsatz von automatisierten Entscheidungssystemen im öffentlichen Sektor tragen Behörden eine besondere Verantwortung gegenüber den Menschen, die von diesen Entscheidungen betroffen sind. Vor dem Einsatz solcher Systeme sind die Folgen abzuschätzen und während sowie nach dem Einsatz die Auswirkungen solcher Entscheide zu analysieren. Automatisierte Entscheidungssysteme sollen nur dort eingesetzt werden, wo Qualität, Wahrhaftigkeit und Rechtmässigkeit des Outputs beurteilt werden kann.
Potenzialanalyse zum Einsatz von KI
Es gibt unzählige weitere Einsatzmöglichkeiten für KI. Der Versuch, bürokratische Tätigkeiten mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz zu optimieren, trägt oft selbst zu einer Zunahme der Bürokratie bei. Die Nutzung von KI-gestützten Systemen an sich führt bereits zu zusätzlichen bürokratischen Massnahmen, denn die Systeme müssen mit dem geltenden Recht wie dem Datenschutz übereinstimmen. Intensivere Datenerhebung und Auswertung durch KI-basierte Algorithmen führen zudem zu einer detaillierteren Kontrolle. Ob dies gewünscht ist oder nicht ist darf nicht nur die Politik, sondern soll auch die Zivilgesellschaft diskutieren. Die Kantone St. Gallen, Thurgau, Appenzell Innerrhoden, Appenzell Ausserrhoden und Graubünden sowie das Fürstentum Liechtenstein möchten mit einer Potenzialanalyse herausfinden, in welchen Bereichen und in welchem Umfang KI in der öffentlichen Verwaltung sinnvoll eingesetzt werden kann.
Nicht zuletzt ist zu berücksichtigen, dass KI-basierte Algorithmen sehr rechenintensiv sind und der damit verbundene Ressourcenverbrauch hoch ist. Die Anwendung von KI-basierten Algorithmen und KI-gestützten Systemen muss also gut überlegt erfolgen.
Die Pflicht der Kantone
Kantonale Verwaltungen sehe ich in der Pflicht, sich kritisch mit dem Phänomen der künstlichen Intelligenz auseinanderzusetzen, Leitlinien für die Anwendung von KI-Modellen zu definieren, Transparenz über deren Einsatz zu schaffen, den gesellschaftlichen Diskurs darüber zu fördern und Mitarbeitende für die Nutzung zu befähigen. Dabei gilt es, die ethischen Werte hochzuhalten und die Verantwortung gegenüber unserer Umwelt wahrzunehmen. Ob KI-gestützte Systeme tatsächlich die Effektivität von Behörden verbessern oder zum Ausbau der Bürokratie beitragen, wird sich in den nächsten Jahren zeigen.
Gastkolumnen im Abraxas Magazin
Das Abraxas Magazin lädt Gastautorinnen und -autoren dazu ein, pointiert zu Aspekten der Digitalisierung Stellung zu nehmen. Die Texte geben die Ansichten und Meinungen der Autorinnen und Autoren wieder und können von der Position von Abraxas abweichen.
Über Ursulina Kölbener
Ursulina Kölbener ist seit Februar 2022 Beauftragte für digitale Verwaltung des Kantons Appenzell Innerrhoden. In dieser Funktion nimmt sie sich den Herausforderungen der Digitalisierung der Verwaltung an. Im Masterstudium in Computational Social Sciences befasst sie sich mit Machine Learning und datenbasierten Forschungsmethoden. Zuvor war die Wirtschaftsinformatikerin in der Privatwirtschaft für die Informatikstrategie, das Projekt- und Prozessmanagement sowie die Informationssicherheit einer Unternehmensgruppe zuständig.