Was gehört zum digitalen Service public?

Die digitale Transformation fordert den Service public massiv. Er muss sich in allen betroffenen Sektoren grundlegend verändern und weiterentwickeln. Wie der Service public in der digitalen Zukunft allerdings aussieht, weiss niemand genau, denn die Diskussion darüber hat erst gerade begonnen. Eine Gastkolumne von Bernard Maissen, Direktor des Bundesamtes für Kommunikation BAKOM.

Von Bernard Maissen · 25. Mai 2023

Traditionell wird Service public mit Grundversorgung gleichgesetzt. Er umfasst eine politisch definierte Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die für die Wohlfahrt unserer Gesellschaft unerlässlich sind und die der Markt nicht erbringt. Das, was wir heute als Service public kennen, ist das Ergebnis einer politischen Diskussion, die allerdings nie abgeschlossen ist.

In den Service-public-Sektoren Telekommunikation, Post und Medien läuft derzeit viel, um den sich ändernden Bedürfnissen von Bevölkerung und Wirtschaft Rechnung zu tragen. Ab 2024 werden die Kund:innen der Telekom-Grundversorgung zwischen dem bisherigen Internetzugang mit 10/1 Mbit/s und dem neuen Internetzugang von 80/8 Mbit/s wählen können. Und der nächste Schritt, das Hochbreitbandnetz, ist auch schon in Vorbereitung. Bis im Spätsommer dieses Jahres erscheint ein Bericht des UVEK mit konkreten Vorschlägen, wie die postalische Grundversorgung der Zukunft aussehen soll. Angelehnt an das physische Postgeheimnis sollen auch der Schutz der Privatsphäre und die Datensicherheit erörtert werden. Im Mediensektor hat die digitale Transformation bereits für gewaltige Umbrüche gesorgt. Der Bundesrat hat im letzten Herbst die Grundzüge der neuen SRG-Konzession ab 2025 beschlossen, die unter anderem eine stärkere Fokussierung auf Audio-/visuelle Inhalte enthalten. Zudem hat der Bundesrat beschlossen, eine Plattformregulierung nach europäischem Vorbild zu erarbeiten. Die politische Diskussion zu diesen Service-public-Bereichen wird also neuen Schwung erhalten.

Auch die öffentliche Hand muss das Potenzial von Daten nutzen. Bernard Maissen

Durch die Digitalisierung sind Daten zu einer Schlüsselressource mit grossem Potenzial geworden. Auch die öffentliche Hand muss dieses Potenzial nutzen, zum Beispiel durch die Mehrfachnutzung in der Datenbewirtschaftung. Werden Daten breiter genutzt und geteilt, erlaubt dies mehr Wettbewerb und Innovation und hilft, Ressourcen effizienter und nachhaltiger einzusetzen. Dies zeigt beispielsweise das Programm Mobilitätsdateninfrastruktur (MODI), mit dem der Bundesrat letztlich eine multimodale Mobilität ermöglichen will. Auch im Stromsektor soll der Aufbau einer nationalen Dateninfrastruktur den einfachen Zugang zu Daten sicherstellen. Eine Herausforderung bei diesen Beispielen besteht darin, die eingesetzten Algorithmen so zu gestalten, dass sie die politisch definierten Ziele erreichen helfen und jederzeit überprüfbar sind. Der Zugang zu Daten und der Umgang mit ihnen entwickeln sich so zu einem zentralen Service-public-Thema.

Die digitale Transformation der Sektoren und ihr Service-public-Angebot werden in den Sektoren geregelt. Aber Digitalisierung muss auch sektorübergreifend gedacht werden. So stellt sich die Frage, ob und allenfalls welche übergreifenden digitalen Güter und Dienstleistungen zum Service public gehören, weil sie für unsere digitale Gesellschaft unerlässlich sind und wir sie nicht einfach dem Markt überlassen wollen.

Gastkolumnen im Abraxas Magazin

Das Abraxas Magazin lädt Gastautorinnen und -autoren dazu ein, pointiert zu Aspekten der Digitalisierung Stellung zu nehmen. Die Texte geben die Ansichten und Meinungen der Autorinnen und Autoren wieder und können von der Position von Abraxas abweichen.

Bernard  Maissen

Über Bernard Maissen

Der Rätoromane Bernard Maissen ist seit dem 1. Juli 2020 Direktor des Bundesamtes für Kommunikation BAKOM. Vor seinem Wechsel zum Bund war der studierte Germanist während 12 Jahren Chefredaktor und GL-Mitglied der Schweizerischen Depeschenagentur (sda). Der Journalist wirkte unter anderem im Vorstand von MINDS International, war Mitglied der Programmkommission der Schweizer Journalistenschule (MAZ) in Luzern und gehörte der Eidg. Medienkommission (EMEK) an.