
Die Demokratie ist auf der Strasse zu Hause, auf den Wochenmärkten und Dorfplätzen. Hier sind die Menschen, die mitbestimmen im Staat, mit ihrer Stimme bei Wahlen und Abstimmungen, aber auch mit ihrer Unterschrift unter Volksinitiativen und Referenden. So ist es Tradition, so war es seit der schrittweisen Einführung der Volksrechte nach der Gründung der modernen Schweiz 1848.
Doch die Welt ist eine andere geworden. Der öffentliche Raum leert sich, Geschäfte verschwinden, das Ausgehverhalten verändert sich, Ortsparteien schrumpfen, immer weniger Zeit bleibt für die Diskussion auf der Strasse – zudem haben jüngst Skandale rund um gefälschte und gekaufte Unterschriften das Vertrauen getrübt. Die Digitalisierung bietet eine Lösung. Diese verbindet die Tradition der Volksrechte mit der digitalen Demokratie.
«E-Collecting» verändert die Sammeltätigkeit und erweitert die Gestaltungsmöglichkeiten von Menschen und Organisationen. Für Referenden und Initiativen hat Abraxas eine Lösung entwickelt, die demokratisches Prozesswissen mit einer modularen, anpassungsfähigen Architektur verbindet. «Das ist wichtig, weil E-Collecting unterschiedlichsten demokratischen Bedürfnissen dienen muss», sagt Luca Müller, Leiter Voting bei Abraxas. «Zudem soll E-Collecting die traditionelle Sammlung nicht ersetzen.»
Modulare Lösungsarchitektur
Es gibt mehrere Ansätze, die Sicherheit von Unterschriftensammlungen für Volksinitiativen und Referenden zu stärken und den demokratischen Prozess «von unten» in die Entwicklung der digitalen Schweiz miteinzubeziehen. Abraxas hat sich für eine Sammelplattform entschieden. «Sie erleichtert allen Akteuren die Arbeit mit dem direktdemokratischen Instrument», sagt Luca Müller, «und passt bestens in die politische Landschaft». Die Architektur von VOTING E-Collecting mit drei Funktionsbereichen bildet dies ab: Kantone kommen ihrer Aufsichtspflicht nach, Sammelkomitees sehen in Echtzeit den Stand ihrer Sammlung und bündeln ihre Kräfte gezielt. Bürgerinnen und Bürger wissen, dass ihre Stimme sicher ist und zählt. «Ihr Wille bleibt geschützt, ihre Unterschrift erfolgt rechtssicher unter Wahrung des Datenschutzes.»
Das Government-Portal für die öffentliche Verwaltung vereinfacht den gesamten Prozess bis zur Prüfung der Unterschriften und der Veröffentlichung. Hier wird auch die Löschung der Kontrollzeichen initiiert. Damit erkennt die Gemeinde Mehrfachunterschriften. Im analogen Prozess obliegt die Führung und das Löschen den einzelnen Gemeinden, was aufgrund unterschiedlicher Vorgaben und Umsetzungen immer wieder zu Fehlern und Inkonsistenzen führt. Auf der Sammelplattform ist das anders: Nach Abschluss einer Sammlung werden alle Kontrollzeichen zentral bereinigt. Persönliche Daten werden entfernt. Ausserdem: Der Anteil digitaler Unterschriften lässt sich flexibel einstellen, je nach lokaler Gesetzgebung – dies, um eine Balance zwischen klassischer und elektronischer Unterschriftensammlung herzustellen.
Das CITIZEN-Portal umfasst als Bürgerportal zwei wesentliche Funktionsbereiche:
- Die Unterschriftensammlungs-Verwaltung erfasst alle Unterschriftensammlungen auf der Ebene von Kanton und Gemeinden. Sämtliche Informationen zu laufenden und abgeschlossenen Sammlungen sind hier hinterlegt. Das erhöht die Transparenz. Über eine Chatfunktion können Initiantinnen und Initianten oder Komitees mit der Verwaltung kommunizieren und offene Fragen klären. Sie können Unterschriftenbögen gestalten oder mithilfe von Vorlagen generieren. Der Stand einer Sammlung lässt sich in Echtzeit nachverfolgen.
- Das Unterschriftenabgabe-Portal ermöglicht auf den Detailseiten der laufenden Sammlungen die Abgabe der Unterschrift. Dies erfolgt durch Bestätigen mittels einer verifizierten elektronischen Identität wie der kommenden E-ID oder AGOV Level 400. Die Unterschrift löst eine automatische Überprüfung im aktuellen Stimmregister aus. Nach erfolgreicher Prüfung wird sie verschlüsselt gespeichert. Der Datenschutz ist so hoch, dass selbst bei einem Systemangriff keine Rückschlüsse auf die Unterzeichnenden möglich wären. «Wie bei der konventionellen Strassensammlung braucht es aber auch bei E-Collecting Vertrauen in die Demokratie. Die digitale Lösung stärkt dieses durch optimierte Sammelprozesse in beiden Räumen», sagt Johannes Schuster, Solution Architect bei Abraxas.
E-Collecting: Pilot im Kanton St.Gallen
Der Kanton St. Gallen will als erster Kanton Pilotversuche mit E-Collecting durchführen. Ab dem Frühjahr 2026 sollen die Stimmberechtigten Referenden und Initiativen elektronisch unterzeichnen können. Der Kanton verspricht sich davon mehr Sicherheit sowie eine Entlastung der Gemeinden, die weniger Unterschriften prüfen müssen. E-Collecting soll im Pilotversuch auf höchstens 50 Prozent der für das Zustandekommen eines Begehrens notwendigen gültigen Unterschriften beschränkt werden. Die Regierung kann diesen Anteil durch Verordnung auf höchstens 75 Prozent erhöhen. Die Zustimmung in der Vernehmlassung war breit. Der Kantonsrat entscheidet voraussichtlich noch in diesem Jahr über die entsprechende Gesetzesvorlage.
Sicherheit der E-Collecting-Lösung ist hoch
Datensicherheit und -schutz im digitalen Sammelprozess sind hoch. Das System ist End-to-End-verschlüsselt und löscht die Kontrollzeichen zentral nach Abschluss der Unterschriftensammlung. Eine Wiederherstellung ist danach nicht mehr möglich; Bürgerinnen und Bürger hinterlassen mit ihrer Unterschrift keine nachträglich auswertbaren Spuren. Das Anlegen einer «Gesinnungsdatenbank» ist nicht möglich, das zeigt auch der Prozess der Unterschriftenabgabe (siehe Grafik). «Wie bei der konventionellen Strassensammlung braucht es aber auch bei E-Collecting Vertrauen in die Demokratie. Die digitale Lösung stärkt dieses durch optimierte Sammelprozesse in beiden Räumen», sagt Johannes Schuster, Solution Architect bei Abraxas. Und Daniel Scherrer, Chief Software Security Officer von Abraxas, ergänzt: «Das E-Collecting-Modul der Abraxas VOTING Suite bietet eine sichere, datensparsame Prozesssteuerung für Initiativen und Referenden.»

Über Bruno Habegger
Bruno Habegger ist Abraxas-Magazin-Autor und Senior Communication Manager. Er verfügt über eine langjährige Erfahrung im ICT- und Energie-Bereich als Journalist, Contentproduzent und Berater. Er war Präsident einer Regionalpartei und an seinem damaligen Wohnort acht Jahre Mitglied der Sicherheitskommission.