E-Government-Briefing

Im Juni fiel unseren Expert:innen auf: aussergewöhnliche Cyber-Angriffe, E-Collecting, Digitalisierungspläne bei Gemeinden und das neue Recht auf digitale Unversehrtheit.

Von Marcel Gamma · 30. Juni 2023

Der monatliche Rückblick mit den wichtigsten Entwicklungen bei der Digitalisierung von Schweizer Gemeinden, Städten, Kantonen und dem Bund.

Digitale Verwaltung in der Schweiz

E-Voting: Positives Kantonsfazit
Bei den Abstimmungen vom 18. Juni konnten die Stimmen in den Kantonen Basel-Stadt, St. Gallen und Thurgau elektronisch abgegeben werden. 4'239 Stimmberechtigte oder 16 % der für E-Voting berechtigten Personen machten davon Gebrauch. Die Kantone ziehen eine positive Bilanz. Auch die Auslandschweizer-Organisation zeigt sich zufrieden.

Graubünden will E-Voting durchführen
Nach den positiv verlaufenen elektronischen Abstimmungen in anderen Kantonen hat der Kanton Graubünden die Bewilligung beantragt, in sechs Gemeinden E-Voting durchzuführen.

Übersicht zur Digitalisierung von Gemeinden und Kantonen
Der Schweizerische Gemeindeverband hat eine Übersicht publiziert, wie Gemeinden und Kantone die Digitalisierung vorantreiben. Basis bildet eine 2022 durchgeführte Umfrage. Eine Kernaussage: «Onlineschalter mit Dienstleistungen von Gemeinden und Kanton stehen bei vielen weit oben auf der Wunschliste. Realisiert sind sie aber erst vereinzelt.» Zur Übersicht

Security bei Schweizer Verwaltungen

Parlament will Meldepflicht bei Cyberangriffen
Nach dem Nationalrat befürwortet auch der Ständerat die Meldepflicht bei Cyberangriffen. Wer der Meldepflicht (innerhalb 24 h) vorsätzlich nicht nachkommt, der soll neu mit bis zu 100'000 Franken gebüsst werden können. Der Nationalrat forderte zusätzlich eine erweiterte Meldepflicht, wenn eine Schwachstelle im IT-Netzwerk eines Unternehmens entdeckt wird, aber noch kein Angriff stattgefunden hat. Dieser Erweiterung hat der Ständerat eine klare Absage erteilt. Deshalb geht die Vorlage nun zur Differenzbereinigung zurück an den Nationalrat.

Lässt Zug Penetrationstests durchführen?
Laut Medien hat die SP-Fraktion im Zuger Stadtrat eine Motion eingereicht, die den Stadtrat dazu bewegen soll, einen umfassenden «Penetrationstest» der IT-Systeme durchführen zu lassen. Dieser Test unabhängiger Sicherheitsforscher soll sowohl die technischen Infrastrukturen, als auch das Sicherheitsbewusstsein der Mitarbeitenden überprüfen. Bei solchen Tests werden Mittel und Methoden genutzt, mit denen man unautorisiert in ein System eindringen könnte (Penetration).

Sicherer Datenverkehr für Behörden gefordert
Die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats hat ein Postulat eingereicht, das einen sicheren Datenverkehr für Behörden thematisiert. «Der Bundesrat wird beauftragt aufzuzeigen, welche Technologien angewendet werden können, um den Internet-Datenverkehr zwischen den Stellen der Bundesverwaltung, zwischen der Bundesverwaltung und den bundesnahen Unternehmen, zwischen der Bundesverwaltung und den Kantonen sowie zwischen der Bundesverwaltung und dem Publikum in kritischen Bereichen gegen Cyberangriffe zu sichern.» Das Postulat

Leck von Bundesdaten von Auslandschweizer:innen
Hacker haben laut Medien einen grossen Datensatz bei Partnern des Bundes erbeutet und veröffentlicht. Offenbar enthält er Informationen zu fast einer halben Million Auslandschweizer:innen.

Grossangelegte DDoS-Attacken auf Websites der öffentlichen Hand
Die Websites von Bund, Kantonen (Basel-Stadt), Schweizer Städten (Zürich, St. Gallen, Bellinzona, Schaffhausen, Genf) und behördennahen Organisationen (SBB, VBZ, Flughäfen) standen im Fokus grossangelegter DDoS-Attacken. Die Angriffe hatten vermutlich einen Zusammenhang mit der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor dem Schweizer Parlament. In Statements hat sich die prorussische Hackergruppe «NoName» zum Angriff bekannt.

Untersuchung nach Hack von kantonalen und Bundes-Behörden-Daten
Nach einem erfolgreichen Ransomware-Angriff auf eine Berner IT-Firma hat die Hackergruppe «Play» grosse Datenmengen veröffentlicht, darunter etliche «operative Daten» von Behörden und Organisationen. Laut NCSC gibt es bis anhin keinen Hinweis darauf, dass Bundessysteme direkt angegriffen wurden. Die Daten stammen demnach alle aus den Systemen der IT-Firma. Nun gelte es zu klären, wie die Daten auf diese Systeme gelangen konnten.

Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (Edöb) eröffnet wegen illegaler Zugriffe auf Daten eine Untersuchung gegen die Bundesämter für Polizei (Fedpol) sowie Zoll und Grenzschutz (BAZG). Der Bundesrat hat zur Bewältigung einen departementsübergreifenden Krisenstab mandatiert.

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Innovation

Die E-Vignette für Autobahnen kommt
Ab 1. August 2023 ist neben der herkömmlichen Klebevignette neu eine E-Vignette, eine elektronische Autobahn-Vignette, erhältlich. Sie ist nicht ans Auto, sondern an das Kontrollschild gebunden.

Glarus unterstützt Digitalisierungsstrategie des Bundes mit einem «Aber»
Wie der Kanton Glarus mitteilt, unterstützt er den Strategieentwurf «Digitale Verwaltung Schweiz 2024–2027». Dieser sei grundsätzlich schlüssig und nachvollziehbar.

Allerdings beurteilt der Regierungsrat «die vorgesehene Auslagerung von Datenbearbeitung an Dritte (sogenannte Cloud-Lösungen) kritisch. In der Bevölkerung und in der Verwaltung sind nach Auffassung des Regierungsrates Bedenken betreffend ungenügenden Schutz von persönlicher Daten gegenüber Cloud-Technologien noch weit verbreitet.» Es sollen alternative Lösungen möglich sein.

Die Strategie soll Leitlinien für das Handeln der Verwaltungen im Bereich des digitalen Wandels setzen. Das aktuelle Abraxas Magazin widmet sich unter anderem dem Thema «E-Government und Föderalismus».

E-Collecting in St. Gallen geplant
Der Kanton St. Gallen plant die Einführung von E-Collecting. Dies soll es Stimmberechtigten ermöglichen, ihre Unterschrift für Initiativen und Referenden elektronisch abzugeben.

Schweiz wartet mit KI-Regulierung ab
Die EU will mit einem Gesetz über die künstliche Intelligenz verschiedene KI-Anwendungen unterschiedlichen Risikokategorien zuordnen und die risikoreichsten gleich ganz verbieten. Auch das BAKOM beschäftigt sich mit dem Thema, die Schweiz möchte aber vorerst abwarten.

Genf führt Recht auf digitale Unversehrtheit ein
Bürgerinnen und Bürger in Genf erhalten neu ein Recht auf digitale Unversehrtheit. Es werde damit signalisiert, dass es genauso schlimm sei, ungefragt die Daten einer Person zu verwenden, wie sie zu schlagen oder zu mobben. Die Verfassungsänderung wurde kürzlich mit einem Ja-Stimmen-Anteil von 94 % angenommen. Andere Kantone und der Bund könnten Genf folgen.

Rahmengesetz für Sekundärnutzung von Daten soll kommen
Die Schweiz soll mit einem Rahmengesetz Grundlagen erhalten, mit welcher Daten in strategisch relevanten Bereichen mehrfach genutzt werden können. Der Nationalrat hat einer entsprechenden Motion als Zweitrat zugestimmt. «Der grösste Wert der Daten liegt in ihrem fast unbeschränkten Potenzial zur Wiederverwendung für sekundäre Nutzungszwecke. Von Wert sind Daten, wenn sie aus ihren Silos befreit, geteilt, zusammengeführt und für neue (sekundäre) Zwecke genutzt werden. Erst ihre Verknüpfung ermöglicht das Gewinnen von neuen Erkenntnissen und entsprechend bessere Entscheidungen», heisst es in einer Motion.