Digitales ABC: E wie...

E-ID, w.

Von Markus Häfliger und Bruno Habegger · 9. September 2022, aktualisiert am 8. Juli 2025

Bedeutung

E-ID, w. (staatlich anerkannte, nationale elektronische Identität)

Im Jahr 2019 hat der Bundesrat die Idee einer staatlich anerkannten, nationalen elektronischen Identität (E-ID) respektive deren Nachweis vorangetrieben. Ziel war es, ein einheitliches Verfahren zu schaffen, mit dem Personen im Internet eindeutig identifiziert werden können, etwa um Waren oder Dienstleistungen sicher online bei privaten Anbietern (z. B. ein Bankkonto) oder behördlichen Diensten (z. B. einen Betreibungsregisterauszug) bestellen zu können. Der rechtliche Rahmen dafür sollte mit dem Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste (BGEID) geschaffen werden, welches von National- und Ständerat gutgeheissen wurde.

Grundlagen

Die E-ID respektive das entsprechende Gesetz sollen eine einfache und sichere Registrierung im Internet ermöglichen und die Digitalisierung vorantreiben. Dazu hätte der Staat die Richtigkeit der Personalien durch eine neu zu schaffende Identitätsstelle beim Bundesamt für Polizei vor der Herausgabe an private oder behördliche Anbieter der E-ID geprüft. Letztere respektive deren Systeme und die Einhaltung des Gesetzes wären durch eine eigens dafür zuständige Kommission anerkannt und überwacht worden. Gegen das Gesetz kam im Januar 2020 das Referendum zustande. Das Schweizer Stimmvolk erteilte schliesslich der Vorlage bei der Volksabstimmung vom 7. März 2021 mit über 64 Prozent Nein-Stimmen eine klare Absage. Beobachter:innen und Umfragen zufolge soll vor allem das mangelnde Vertrauen gegenüber Konzernen, welche für die Systeme und die Datenhaltung zuständig gewesen wären, den von den Stimmenden als weniger sinnvoll eingestuften Nutzen überwogen haben. Kurz: Die Argumente der sehr strengen Datenschutzvorschriften haben bei der Mehrheit der Stimmbevölkerung nicht gegriffen.

Einordnung

Das Scheitern des E-ID-Gesetzes zeigte erneut den schweren Stand, den ein staatlicher, digitaler Identitätsnachweis in der Schweiz hat. Er geht zurück auf die 2010 vom Staatssekretariat für Wirtschaft Seco lancierte SuisseID, deren Verbreitung allerdings aufgrund diverser Gründe weit hinter den Erwartungen zurückblieb. Die Betreiberin SwissSign Group stellte schliesslich 2019 den Verkauf ein, nachdem sie 2017 mit der SwissID ein neues, hardwareunabhängiges Nachfolgeprodukt lanciert hatte und das auch als E-ID hätte genutzt werden können. Nur wenige Tage nach der Ablehnung der E-ID reichten am 10. März 2021 mehrere Nationalräte und Nationalrätinnen eine Motion für eine «vertrauenswürdige, staatliche E-ID» ein. Vertreter aller Parteien, darunter Befürworter und Gegner der früheren E-ID, beauftragten den Bundesrat mit der Schaffung einer E-ID, die einer Identitätskarte oder einem Pass in der physischen Welt vergleichbar sein soll. Die Lösung dürfe auf privatwirtschaftlich entwickelten Produkten und Diensten beruhen, die Kontrolle über den Ausstellungsprozess und den Gesamtbetrieb der Lösung müsse indes in der Verantwortung staatlicher, spezialisierter Behörden erfolgen. Im Juni 2022 gab der Bundesrat konsequenterweise eine neue staatlich herausgegebene E-ID in die Vernehmlassung.

Deep Dive

Die E-ID ist ein Identitätsnachweis, keine digitale Unterschrift. Technisch betrachtet sind elektronische Nachweise strukturierte, maschinenlesbare Datenpakete. Diese enthalten Signaturen der Aussteller, die eine Überprüfung der Echtheit und Gültigkeit ermöglichen. Funktional entsprechen sie den Sicherheitsmerkmalen analoger Ausweisdokumente. Der Datenaustausch erfolgt direkt zwischen den Parteien, ohne eine zentrale Instanz dazwischen.

Im Gegensatz zum gescheiterten ersten Projekt ist bei der E-ID 2.0 der Staat verantwortlich für die Ausstellung. Frühestens im dritten Quartal 2026 wird der Bund die E-ID in der Wallet-App swiyu ausstellen. Die dahinterstehende Vertrauensinfrastruktur ermöglicht es auch anderen Behörden und Privaten, elektronische Nachweise auszustellen. Die digitale Identität mit Datenschutz und Kontrolle basiert darauf, dass Nutzerinnen und Nutzer selbst entscheiden, welche Informationen mit einem digitalen Service geteilt werden – die Datenspeicherung erfolgt dezentral. Eine Beta-ID lässt sich hier ausprobieren: https://www.bcs.admin.ch/bcs-web/#/

Die E-ID ist ein wichtiges Element von E-Collecting zur Sammlung von Unterschriften für Referenden und Volksinitiativen. Die E-ID wird durchgängig für alle E-Government-Dienstleistungen verwendet werden können. Abraxas arbeitet daran, Fachlösungen und Onlineservices nahtlos via E-ID zu verknüpfen. Das Abraxas IAM kann nebst der E-ID auch andere nichtstaatliche digitale Identitäten verwalten und einsetzen.

Ob sie im zweiten Anlauf eingeführt wird, entscheidet sich in der Volksabstimmung vom 28. September 2025. Ein Referendum gegen die deutliche Zustimmung des Parlaments ist nämlich im Mai 2025 mit 55'638 Stimmen zustande gekommen. Dahinter steckt ein Komitee aus Piratenpartei und während der Corona-Pandemie entstandenen Splittergruppen.

Wirkung

Die E-ID ist ein staatlich anerkannter elektronischer Identitätsnachweis, der sich in der analogen und in der digitalen Welt nutzen lässt. Er wird als besonders sicheres Zugangsmittel zu AGOV zum Einsatz kommen und die Entwicklung von E-Government-Diensten deutlich beschleunigen. Generell handelt es sich um einen bequemen und sicheren Weg, sich gegenüber Webservices zu identifizieren, bietet eine hohe Kontrolle über die eigenen Daten und reduziert den Aufwand bei der Identitätsprüfung, etwa durch den Wegfall der Sichtkontrolle von amtlichen Dokumenten.

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Markus Häfliger

Über Markus Häfliger

Markus Häfliger ist Inhaber der auf Business-to-Business-IT spezialisierten PR-Agentur Häfliger Media Consulting. Er verfügt über jahrzehntelange Erfahrung mit Technologie- und Wirtschaftsthemen sowohl auf Agentur- als auch auf Medienseite. Er war Chefredaktor der IT-Branchenzeitschrift IT Reseller und von Infoweek (heute Swiss IT Magazine), der Zeitschrift für IT-Entscheider in Unternehmen. Er publiziert als Ghostwriter regelmässig in namhaften Industrie- und Wirtschaftsmedien Fachartikel und Berichte zu IT-Anwendungen in der Praxis. Für das Abraxas-Magazin verfasst er das «Digitale ABC», eine fortlaufende Artikelserie im Lexikon-Stil.

Bruno Habegger

Über Bruno Habegger

Bruno Habegger ist Abraxas-Magazin-Autor und Senior Communication Manager. Er verfügt über eine langjährige Erfahrung im ICT- und Energie-Bereich als Journalist, Contentproduzent und Berater. Er war Präsident einer Regionalpartei und an seinem damaligen Wohnort acht Jahre Mitglied der Sicherheitskommission.